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Grußwort

09.11.2002

Louis-Spohr-Förderpreis 2002 Grußwort von Stadträtin Ilona Caroli
am 8. November 2002 um 20 Uhr
in der Kasseler Sparkasse

Sehr geehrter Herr Dr. Becker, liebe Gäste, meine Damen und Herren,
ich möchte mich sehr herzlich bedanken für Ihre Einladung, den diesjährigen Förderpreis des Louis-Spohr-Fördervereins zu überreichen und ich möchte natürlich auch Grüße vom Magistrat der Stadt Kassel überbringen. Sie wissen, ich mache das nicht zum ersten Mal, dennoch ist es für mich keine Routineaufgabe, sondern immer wieder ein herausragendes Erlebnis, an einem solchen Abend mit all seinem Musikgenuss und der mit einem Wettbewerb verbundenen Spannung teilzunehmen.

Und ich darf Ihnen sagen – ein solcher Anlass ist für mich immer wieder eine gute Gelegenheit, über die Wirkung von Musik und über die Bedeutung des Musikmachens nachzudenken. Da der diesjährige Wettbewerb für Bläser-Solo und Bläser mit Begleitinstrument ausgeschrieben war, lag es für mich nahe, einen Blick in die Anfänge der Musik zu werfen, denn die Blasinstrumente sind ja die ältesten uns bekannten Instrumente.

Es scheint uns modernen Menschen fremd zu sein oder nur als historische Tatsache interessant zu sein, dass die Blasinstrumente zu kultischen Zwecken eingesetzt wurden und dass Musik als ein Geschenk der Götter an die Menschen galt. Das hatte in manchen Kulturen weitreichende Konsequenzen für diejenigen, die zum Stand der Musiker gehörten. Bei den Azteken z.B. waren die Musiker hoch angesehen, gingen sie doch einer gefährlichen Profession nach. Denn ernsthafte Fehler im Spiel galten als Beleidigung der Götter und konnten mit dem Tod bestraft werden.

Nun, so martialisch wird es hier natürlich nicht zugehen. Muss es auch nicht, denn wenn ich mir die im wörtlichen Sinne bereits „ausgezeichnete“ Biografie der beteiligten Musikerinnen anschaue, dann bin ich mir sicher, dass sie keine ernsthaften Fehler machen werden. Und außerdem werden sie ja nicht für die Götter, sondern für uns spielen.

Was sie uns aber vielleicht doch ahnen lassen werden, das ist diese Verbindung zu dem, was die Menschen früher Göttliches genannt haben. Bei den Pythagoräern finden wir ein anderes Bild: sie nannten es die Sphären und sie lehrten, dass die Bewegung der Planeten eine Art „Sphärenmusik“ erzeuge. Sie entwickelten bereits um 500 v. Chr. eine Art Musiktherapie, um die Menschheit in die Sphärenharmonie des Himmels einzustimmen.

Empfinden wir nicht manchmal auch noch diese Wirkung von Musik? Ist sie nicht ein Geschenk, das unsere Seelen auf eine Art berührt, aufrührt und wieder besänftigt wie sonst kein anderes Erlebnis? Und steckt in unserem Wort Kultur nicht auch noch dieses kultische Ereignis? Das würde doch bedeuten, dass wir in der Musik die Erinnerung an weit zurück liegende Epochen wie ein kostbares Erbe bewahren können, dass wir damit mit frühen geschichtlichen Wurzeln verbunden bleiben. Und ist nicht gerade das auch so berührend, dass wir in unserer technologisch hoch entwickelten Zeit eine Verbindung zu diesem Archaischen aufrechterhalten können?

Innenminister Schily sagte vor einiger Zeit, wenn gefordert wird, dass jedes Klassenzimmer mit einem Computer ausgestattet werden soll, dann müssen wir auch fordern, dass jedes Kind einen Zugang zu einem Musikinstrument hat!

Wir wissen, dass beides nicht erfüllt ist. Ich habe ihn an dieser Stelle zitiert, weil er damit anmahnt, die Bedeutung musischer Bildung und Ausbildung auf die gleiche Stufe zu stellen wie die Beherrschung eines hochtechnologischen Produktionsmittels. Dem virtuellen Erleben wird ein ganz handgreiflicher, fühlbarer, riechbarer Umgang mit einem Instrument an die Seite gestellt, der schnellen Befriedigung am Computer die mühevolle Übung am Instrument, um dadurch eine Fähigkeit zu erlangen, die einem dann wirklich gehört und nicht einfach abstürzen kann. Der Virtualität wird die Virtuosität entgegengehalten oder sagen wir besser, an die Seite gestellt.

Ihr Förderverein trägt dazu bei, dass die Ausbildung am Instrument seinen hohen Stellenwert behält und auch belohnt wird. In der Erinnerung und Würdigung an Louis Spohr, der ja beides war: ein Mensch, in dem Musik entstand und einer, der sich am Instrument übte bis zur perfekten Beherrschung. Beherrschung ist eigentlich nicht das richtige Wort: es ist vielleicht eher eine Hingabe, wenn der vollendete Musiker mit seinem Spiel hinter das Instrument zurücktritt. Diese Haltung könnte uns ein Beispiel sein für Vieles, was wir tun.

Wir werden heute Abend ein Stück davon erleben, jedem Lebensalter entspricht ja eine eigene Art der größtmöglichen Perfektion. Dafür möchte ich mich schon jetzt bei den Musikerinnen heute Abend bedanken.

Lassen Sie mich bitte noch einige Sätze sagen, die das Engagement des Louis-Spohr-Fördervereins betreffen. Wie viele von Ihnen sicher wissen, wird der Verein im Jahre 2004 zehn Jahre alt. Bis dahin möchte er zum 10jährigen Bestehen den Verein in eine Stiftung umwandeln, um auf diese Weise seine engagierte Arbeit der Nachwuchsförderung langfristig zu sichern. Es ist daran gedacht, den Verein an die Kasseler Bürgerstiftung anzugliedern. Dazu sind jedoch noch Zustiftungen in erheblichem Maße notwendig, Mittel, die zweckgebunden auch mit dem Namen der Zustifterin oder des Zustifters vergeben werden können.

Ich bitte deshalb diejenigen, die Interesse an einer solchen Zustiftung haben, sich mit Herrn Dr. Becker vom Förderverein in Verbindung zu setzen. Diejenigen, die sofort etwas für die Förderung der Musik tun möchten, können über den Förderverein der durch das Hochwasser stark beschädigten Musikschule in Grimma eine Spende zukommen lassen. Auch hierfür ist Dr. Becker der Ansprechpartner.

So bleibt mir noch, dem Louis-Spohr-Förderverein, allen voran dem Vorstand mit Herrn Dr. Becker als Vorsitzendem für das große bürgerschaftliche Engagement zu danken. Nur dadurch wurde es möglich, den Louis-Spohr-Wettbewerb über so viele Jahre hinweg durchzuführen. Ich danke allen Spendern und Sponsoren, die geholfen haben, die finanzielle Basis des Preises zu sichern. Und ich bedanke mich bei den Mitgliedern der Jury unter Vorsitz des Direktors der Musikakademie, Herrn Uhlenbruck, für ihr Engagement. Sie alle haben sich der Förderung von etwas verschrieben, das kaum mehr in den öffentlichen Diskussionen vorkommt: da, wo alles machbar zu werden scheint, werden ganz besondere Talente nicht mehr so gewürdigt, wie sie es verdient haben. Wir haben aber heute Abend das Glück, davon eine Kostprobe zu bekommen. Ich wünsche den Musikerinnen viel Erfolg für den heutigen Abend und für Ihre weitere Laufbahn und Ihnen allen einen spannenden Abend!

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